Feudingen 15.08.1741 von
Thomas Sävert
Umgebungskarte
(Auszug aus Top200, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie)
Ein ungewöhnlicher Fall ereignete sich am 15.08.1741 in Feudingen, heute Stadtteil von Bad Laasphe im Kreis Siegen-Wittgenstein (NRW). Zunächst richtete ein Tornado erhebliche Schäden an. Dabei entstand ein Brand, der zahlreiche Gebäude zerstörte. Zwei Menschen kamen dabei ums Leben. Ein Besonderer Dank geht an Herrn Otto aus dem Stadtteil Feudingen für das umfangreiche Material zu der historischen Katastrophe.

Feudingen 1
(Quelle: Dorfbuch Feudingen)
Dazu existiert im Dorfbuch Feudingen, ab Seite 436 ff. ein Bericht des Feudinger Pfarrherrs J. C. Kneip, der erst mehrere Wochen nach dem Brand, am 27. Oktober 1741, Zeit fand, seinem Landesherren, dem Grafen Friedrich, einen ausführlichen Bericht über das Unglück zu geben: "Zum Gedächtnis, zum Vorbild und zur Warnung für die Nachkommenden habe er es bereits in das Kirchenbuch eingeschrieben, "einem begierigen, den Wegen Gottes selbst in der Natur gottesfürchtig nachspurenden Gemüte . . . ." zur Lehre.

"Es war der 15. Tag Augusti c. a. 174l", so beginnt der Pfarrer seinen Bericht, "daß zwischen 2 und 3 Uhr nachmittags, so unvermutend, ohne Donnern und Blitzen, eine in unsrer Gegend sich nicht weit ausbreitende (dann beiderseitige Nachbarn nichts davon empfunden haben), sondern zusammengezogene Strichwolke von West-Süd her in schnellem Zug gerade auf Feudingen zu ankam. Diese Wolke, von einem stürmenden Wirbelwind getrieben, die dahero auch schien in ihrem Anzug sich herumzurollen . . . , war von vornen ganz schwarz, gab einige dicke Regentropfen von sich und setzte uns in eine kurze fürchterliche Verdunkelung. Das hintere Teil aber von solcher Wolke sähe hell feurig und vertrieb dahero die vorgehabte Verdunkelung mit ihrem Gefolg ..."

Erklärungen, die der Feudinger Pfarrer auf eine Anfrage eines Duisburger Gelehrten (Prof. Joh. Jac. Schilling) am 14. April 1742 abgab. Auf die Frage, ob die erschienene Wolke in Gestalt eines Wirbels sich herniedergelassen, antwortet er: ..,,Dieses hat von uns in dem Ort nicht können observieret (beobachtet) werden: Indem es über dem Dorf beim Sturm anfänglich dunkel und wegen, des Staubs, Dachgeströhs und sonst im Wirbel herumgetrieben niemand das Angesicht getraute in die Höhe zu wenden, wiewohl die auf dem Feld auswärts Stehenden wissen wollen, daß sich das schwere Gewölk etliche malen heruntergeneiget".

Als die Pfarrersfamilie nach dem ersten furchtbaren Windstoß ihr Haus fluchtartig verließ, sah sie, daß ihres Nachbars, des Schultheißen Jung. Scheune in der Mitte zerspalten war. Des Pfälzers Scheuer aber hatte der Wirbel vom Grund hochgehoben und auf die Spitze gestellt, daß sie dann in Stücke gefallen war. Christ Schmieds Obergebäu mit allem Heu war in die Luft getrieben, starke Bäume waren entwurzelt und Zäune und Planken aus der Erde gerissen worden. Dies alles bereitete nicht den größten Schrecken, sondern jenseits des Welsenbaches erblickte der Pfarrer bereits 3 Gebäude in vollem Brand. Aus einem derselben, Joh. Wunderlichs Haus, vermochte man die Frau, eine Kindbetterin, mit ihrem Neugeborenen mit knapper Not in einem Bettuch in den Garten zu tragen.

Nun wälzte sich das Feuer, nach Kneips Bericht von einem mittelmäßigen Winde getrieben, jenseits des Welsenbachs hinunter bis an die Lahnbrücke und legte alle Wohnungen dieses Reviers in Asche. Nur die Wohnungen im äußersten Nord-West und Nord-Ost. 10 an der Zahl, blieben verschont. Zu allem Unglück fehlte es im Welsenbach an Wasser, dagegen konnte das gräfliche Jägerhaus mit Lahnwasser gelöscht werden. Nun drehte der Wind, und das Feuer kam diesseits des Welsenbaches von der Lahnbrücke herauf und gefährdete schließlich auch Kirche und Pfarrhaus. Groß wurde die Not, als des Schultheißen Jung Wohnhaus Feuer fing und von dort aus brennendes Heu und Stroh aufstieg und die Pfarrgebäude bedeckte. Trotzdem gelang es, diese zu retten. Die Leute versuchten z. T., die Strohdächer mit nassen Tüchern abzudecken. Allen Bemühungen der aus der Nachbarschaft herbeigeeilten Helfer zum Trotz verbrannten auch an dieser Seite gegen Südwest, von woher das Unwetter gekommen war, fast alle Gebäude. Nur 5 Häuser und l Scheune blieben stehen, dazu das herrschaftliche Zeughaus und Julius Horchlers Wohnung, "beide über der Lahn".

Um 1/2 5 Uhr, nach zweistündigem Brand, lag der größte Teil des Dorfes in Schutt und Asche. Jetzt erhob sich ein starkes Gewitter mit Donnern und Blitzen, und nun wußten die Menschen nicht, wo sie mit ihrem geretteten Hausrat bleiben sollten. "Erwählten darum in Gottes Namen die Kirche zu unserem Asylo und lagerten uns allda 2 Nächte hinter dem Tisch ...", so berichtet Pfarrer Kneip und fährt dann fort:

"Nach Vorübergang des schweren Gewitters begaben sich die Meiningen vor Müdigkeit zur Ruhe. Ich aber mit den zu mir Gekommenen hielte Wacht, ging zuweilen heraus und besähe den Jammerstand, da die abgebrannten Hofstätte voller Feuer waren, welches recht törchterlich. Ich stellte mir vor das ehemalige Sodom, wie es da müsse ausgesehen haben.
Vornehmlich hätte mir das Herz brechen mögen über dem Winseln, welches in ein Zetergeschrei bei manchem derer so vielen Brandbeschädigten ausbrach, die um ihre im Feuer liegenden Wohnungen herstunden, Eltern und Kinder, nicht wissend, wohin, wo nun hinaus, was nun anzufangen sei ... ."

Die Folgen:
Nach P. Kneips Bericht waren 65 Gebäude unter ihnen das Schul-und dasHirtenhaus ein Raub der Feuersbrunst geworden, dazu das meiste Mobiliar. Das eben geerntete Heu war verloren; vieles Fahrzeug und Gerät - Wagen, Karren, Pflüge, Eggen - war noch auf den Hofstätten verbrannt, da man es aus dem brennenden Dorf nicht herauszubringen vermochte. Auch manches Stück Vieh vor allem Schweine war in den Flammen umgekommen. Vor allem aber: 2 Menschen fanden den Tod. Conrad Frankens Frau, die aus dem brennenden Haus noch etwas herausholen wollte, erstickte im Rauch und verbrannte zu Asche, so daß man nichts mehr von ihr fand. In einem Haus jenseits des Welsenbachs wurde eine alte Wittib durchs Feuer so elend zugerichtet, daß sie nach einem Monat starb."



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