Dietzenbach 19.06.1774 von
Thomas Sävert
Zeitpunkt: gegen 17 Uhr MEZ. Ein starker Tornado zog von Egelsbach über Götzenhain bis nach Dietzenbach. Dazu aus der Dietzenbacher Chronik: "19. Juni - eine Unwetterkatastrophe - wahrscheinlich eine "Windhose", begleitet von starkem Hagel und Erdstößen - richtet in Dietzenbach großen Schaden an: 35 Gebäude, meist Scheunen, vor allem in der Borngasse, stürzen zusammen, eine Frau wird getötet. Am härtesten aber traf die Dietzenbacher der Verlust von rund 2000 Obstbäumen, die der Sturm vernichtet hatte". In Götzenhain wurde das ganze Kirchendach abgerissen und viele Häuser und Scheunen abgedeckt. In Dietzenbach stürzten zahlreiche Scheunen ein. Hier wurden von den Obstbäume viele auch um einige Meter verfrachtet. Weiter stürzten in Patershausen in der Bieber Mark tausende Bäume um. Das entspräche einer Zugbahn von Südwest nach Nordost.

"Aus dem Kirchenbuch von Dietzenbach: "Anno 1774 den 19 Juni war Dom: 3. p. Trin: hat der allmächtige Gott diesen Ort abends um 5 Uhr mit einem erschrecklichen und jedermann den Todt drohenden Sturm Wind heimgesucht. Nachmittags um 2 Uhr sahe der Himmel auf eine vorhergehende grasse Hitze gegen Westen sehr schwartz und fürchterlich aus, man hoerte dabey ein onaufhörliches Getöse und Donner. Nach 4 Uhr stieg noch ein Gewitter von Süd Osten auf, welches wie Feuer und Flammen daherzog. Um 5 Uhr verdunkelte sich der gantze Horizont dabey einige Tropfen Regen fielen. Gleich darauf aber war alles finster und dunkel und folgeten hintereinander 2 grausame Erd Stösse welche einen entsetzlichen Schaden und Verwüstung anrichteten. Ausserdem sind daselbst alle Dächer beschädigt worden und sehr viele Schornsteine eingestürzt, so fielen 35 Gebäude mehrenteils Scheunen, dabey die Borngasse am meisten Noth gelitten gäntzlich über einen Hauffen. Alle noch stehengebliebenen Häuser wanderten und wurden erschüttert so dass die Bewohner derselben in den äussersten Schrecken und Todtes Angst versetzt wurden wie man dann nachher mit Erstaunen wahrgenommen, dass einige Häuser von ihrem Fundament weggerückt waren. Das allerbeklagungswürdigs bey diesem grossen Unglück ist der Verlust unserer besten schönsten und größten Obst Bäume. An die 2000 derselben wurden theils umgeworfen theils mit den Wurzeln aus der Erde herausgerissen und weit von ihrer Stelle weggeschlagen, theils an den Stämmen abgebrochen und zersplittert. Der Strich kam von Egelsbach über Götzenhain wo dieser Wind an der Kirche, Häusern und Obstbäumen einen sehr beträchtlichen Schaden verursacht und ging nach der Bibermark über den Patershäuser Hof, allwo er das Scheunendach umwarf und viele tausend Bäume auch sogar die dicksten Eichen mit allem an den Wurzeln hängenden Grund aus der Erde risse. Zwey mit Krüge und anderem Geschirr handelnde Manns Leute hatten sich hinter eine Eiche gelegt diese wurden vor derselben als sie umstürzte todt und in die Erde hineingeschlagen. Nach dem Unwetter sahe man hie und da Schlossen nicht zailigt sondern rund in der form der Zucker Plätzchen liegen, darauf in der Mitte allerhand Figuren eingedrückt waren und war alles, der Erdboden verschlammt nicht anders sahe es als wenn ein Flus ausgetreten ist und hat wieder in seine Ufern zurückbegeben daraus ich vermuthe, dass eine Wolke sich gantz auf die Erde gesenket und durch den Sturm wieder fortgetrieben worden. Wir können bey diesen grossen Unglück die Barmherzigkeit Gottes nicht genugsam preisen dass er uns in so grosser Gefahr noch so gnädig an unserem Leben verschonet. Ein einzige Frau ist an den so genannten Trögen als sie ihr Kind so der Gänss hütete nach Hauss ruffen wollen auf dem steg von dem Wind in die Höhe gehoben und auf den Kopf in ein nahe gelegenes Gärtgen gestürzet, dass sie das Genick zerbrochen. Es war auch dieses Wetter geschwind vorbey und dauerte nicht länger als ohngefähr 5 Minuten. Einige Knaben so in dem Felde waren retirirten sich im Weyerfeldchen hinter einem sehr grossen Birnbaum. Diesen schlug der Sturm um und alle kamen Gott sey Lob unverletzt davon. O dass doch dieses schreckliche Straffgericht Gottes einen tiefen Eindruck in die Hertzen aller sichereren und ruchlosen allhier zu ihrer wahren Bekehrung und Besserung haben möchte, damit es ein Ursache und Mittel wäre durch einen lebendigen und thätigen Glauben in dem Versöhnungsblute Jesu den ewigen Zorn Gerichten Gottes zu entgehen. Zum Andenken dieses schrecklichen Sturmes ist das Geläut mit allen Glocken Sonntags um 5 Uhr von dem Aequinocio vernati bis zu dem Aequinocio autumnati gestiftet worden."" (Quelle: Johannes Hofmeister, Hessische Wetterchronik



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