Koblenz 01.05.1835 von
Thomas Sävert
Umgebungskarte
(Auszug aus Top200, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie)
Aus einer Meldung der Freiburger Zeitung vom 10.05.1835: "Koblenz, 2. Mai. Gestern Mittag vor 3 Uhr bildete sich bei einem Nordwestwinde, gerade an der Stelle, wo die Mosel sich mit dem Rheine verbindet, eine Windhose, welche gleichüber dem Wasser die Viertelbreite des Rheines einnahm, und als eine hohe Wassersäule spitz verlaufend zum Firmament hinanstrebte. Nachdem dieselbe im stärksten Wirbel ungefähr 10 Minuten auf dem Wasser gekreiset hatte, prallte sie am Ehrenbreitsteiner Ufer gegen das Land, verwandelte sich da in einen Staubwirbel, entwurzelte einige Bäume, und trieb eine Partie Wäsche hoch in die Luft über ein Haus fort. Auch Thüren und Fenster wurden ausgerissen und fortgeschleudert. An dem vor der Moselbrücke, an der Mündung der Mosel in den Rhein, gelegenen Hause des Gerbermeisters Münch hob die Windhose das Dach auf, und führte es hoch in die Lüfte; es fiel 44 Schritte vom Hause nieder. Die davon abgesonderten Schiefer kamen 1/4 Stunde weit davon zur Erde. Auf dem Speicher wurden die Wände auseinander gedrückt und theilweise fortgeschleudert, geschlossene Fenster aufgerissen und mit fortgenommen. Von allen den aufgespannten Häuten, wovon jede mit dem Rahmen 43 Pfund wiegt, die theils in die Mosel, theils in den Rhein geworfen, sind nur einige wieder gefunden worden; sonstiges Hausgeräthe, das sich auf dem Speicher und im Garten befand, ist verschwunden. Bemerkenswerth ist, daß die Windhose an der Werkstätte das Fenster aufriß, und einen fest eingesetzten Pfosten herauszog, ohne daß die daneben beschäftigten Arbeiter nur einmal einen Luftzug wahrgenommen hätten. Ein vom Felde nach Neuendorf mit einem Tragkorb auf dem Kopfe zurückkehrendes Bauernmädchen wurde von der Windhose plötzlich aufgehoben, doch zum Glück von einem neben ihm gehenden Landmanne festgehalten und bei Seite geworfen. Der Tragkorb wurde eine Viertelstunde weit fortgerissen und fiel in den Rhein. Ein starkes Gewitter mit Hagelschlag und großem Regenguß folgte unmittelbar." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus dem Lehrbuch der Physik und Meteorologie, Dritter Band. Dr. Joh. Müller. 1856:
"[...] Solche Tromben sind im Stande, Bäume zu entwurzeln, Häuser abzudecken, Balken mehrere hundert Schritte weit fortzuschleudern. Mohr gibt im 36. Bande von Poggendorff's Annalen eine sehr instructive Beschreibung einer am 1. Mai 1835 zu Koblenz beobachteten Trombe, welcher wir Folgendes entnehmen:
Um halb drei Uhr bildete sich am Fuße des Alexander-Forts, im Felde von Neuendorf, ein Wirbelwind, der rasch zu einer fürchterlichen Stärke heranwuchs, Sand und Staub aufwühlte und mit sich fortführte. Er nahm seien Richtung von Nordwest nach Südost, gerade auf die landspitze zu, welche das linke Rhein- und das linke Moselufer mit einander bilden. Eine Frau, welche mit einem Korbe auf dem Kopfe aus dem Felde kam, wurde durch die Trombe zu Boden geworfen und der Korb hoch durch die Luft auf die andere Rheinseite fortgeführt. Die Staubwolke, welche wirbelnd über die Erde fortzog, war grau von Farbe und undurchsichtig. Sie hatte eine schräge Lage nach der Strömung des Windes, in den höheren regionen mit dem oberen und breiteren Theile nach vorn, den unteren schmäleren gleichsam nach sich ziehend. Sie hatte die scheinbare Form eines Trichters, dessen Spitze nach unten gekehrt einen Durchmesser von 30 bis 40 Fuß hatte, dessen oberer Durchmesser aber 3 bis 4mal so groß war. Die Höhe hatte bald alle nahe gelegenen Häuser weit überstiegen.
Die Bewegung dieser Trombe war von einem fürchterlichen Sausen begleitet. Der erste höhere Gegenstand, welchen sie traf, war eine Saffranfabrik. Unter fürchterlichem Geprassel wurde das dach des hinteren Gebäudes losgerissen und über das Hauptgebäude hinweg etwa 40 Schritte weit ins Feld geschleudert. Fenster wurden zertrümmert, Laden und Fensterflügel herausgerissen und Alles weit umhergestreut. Die auf dem Speicher aufgehangenen Häute wurden von der Trombe fortgerissen, so daß man sie wie schwarze Vögel hoch in den Lüften dahinfliegen sah.
Von da bewegte sich die Trombe rasch gegen die etwa noch 100 Schritte entfernte Mosel hin, wo sich das ganze Schauspiel veränderte. Die Erdtrombe wurde nämlich eine Wasserhose; sie wühlte das Wasser in so wildem Brausen auf, daß es auf der ganzen Basis schäumend auf eine bedeutende Höhe wirbelnd hinaufgezogen wurde, während außerhalb des Wirkungskreises der Wasserspiegel weder gestört noch getrübt wurde. Der Durchmesser des Trichters nahm über die Hälfte des Flußbettes ein. Auf der landspitze angekommen, welche das rechte Mosel- mit dem linken Rheinufer bildet, an der Ecke des ehemaligen deutschen hauses, schien das meteor einige Augenblicke stille zu sehen, setzte aber alsbald seinen Weg in gerade Richtung über den Rhein gegen Ehrenbreitstein hin fort.
Auf der rechten Rheinseite angekommen, warf es das Wasser 8 bis 10 Fuß hoch auf das land, nehm ein 60 Ellen langes Stück leinen von der Bleiche hoch in die Luft, so daß man es wie eine Bandschleife umherflattern sah. Sieben Bäume von 6 bis 8 Zoll Durchmesser wurden abgebrochen. Aeste von 4 bis 6 Zoll Dicke abgerissen und umhergeschleudert, womit dann das Meteor so ziemlich sein Ende erreichte.
Wenige Minuten nach dem Aufhören desselben fiel ein heftiger Platzregen mit starkem Hagel.

Am 8. April 1833 wurde die Gegend von Calcutta von einem Wirbelwinde heimgesucht, welcher in beziehung auf seine Größe zwischen den eigentlichen Stürmen und den Tromben in der Mitte steht. Bei einem Durchmesser von 1200 bis 2500 Fuß ging dieser Wirbel 3 englische Meilen östlich von Calcutta vorüber und legte in einem zeitraume von 4 Stunden einen Weg von 16 englischen meilen zurück. Er warf über 1200 Fischerhäuser um und tödtete 215 Menschen."



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