Rietenau 02.06.1860 von
Thomas Sävert
Umgebungskarte
(Auszug aus Top200, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie)
Aus einer Meldung der Freiburger Zeitung vom 07.06.1860: "Backnang, 3. Juni. Gestern Abend wüthete der Sturm in dem benachbarten Pfarrdorfe Rietenau mit einer solchen Heftigkeit, wie man es hätte in dem von Bergen umgebenen engen Thal gar nicht erwarten sollen. Auffallend war namentlich eine Strömung von ungefähr 300' Breite in diesem Sturm, die von Westen herkommend eine solche unwiderstehliche Kraft äußerte, daß sie Alles niederwarf, was ihr in den Weg kam. Besonders schwer wurde der obere Theil des Ortes von Backnang her betroffen. Das erste Gebäude, eine Scheuer, wurde bis auf den untersten Stall total abgetragen, kein Fachwerk, keine Sparre ist mehr zu sehen, Alles wurde weggeschleudert, während der Besitzer mit seinem Bruder in der Scheuer mit Futterschneiden beschäftigt war. Die Dächer seines Hauses und seiner Nachbarn wurden schecklich mitgenommen, überall sind Stellen, wo man durch die Dächer ganz durchsehen kann; ein kleines Haus wurde dergestalt aus seiner Stellung gerückt, daß es augenblicklich von seinen Bewohnern geräumt und gesprießt werden mußte. Sehr arg wurde die Mühle mit ihren Nebengebäuden mitgenommen, welche ungefähr 80 Schritte hinter der abgedeckten Schauer, aber ungefähr 40' tiefer liegt; hier deckte es die Dächer halb ab, warf die Steinplatten auf den Kaminen 30' weit weg, auch riß es ein Kamin ganz ein, Ziegel von der Mühle konnte man auf eine Entfernung von 60' noch finden. Noch ärger sieht es in den Gärten an den Bäumen aus, die in dieser Strömung lagen, da blieb beinahe kein größerer Baum mehr stehen, im günstigsten Fall büßte er einige Aeste ein, die meisten sind abgeknickt, sehr viele, namentlich große Bäume, sind mit den Wurzeln aus der Erde gerissen, sehr starke Bäume wurden abgeknickt, theils über Hohlwege hinüber, theils über Gärten geschleudert, ein Baum wurde aus einem Dinkelacker förmlich ausgehoben und wenigstens 40' über den Weg in ein anderes Stück Feld geworfen; die Rietenauer schätzen ihren Verlust an Bäumen auf 300-400 Stück. Während in dieser Strömung Alles beinahe darniederliegt, und zwar Alles genau nach einer Richtung, ist der Schaden außerhalb derselben nicht bedeutend. Während auf der einen Seite der Straße die Dächer halb abgedeckt sind, fehlen an den Dächern der Häuser auf der anderen Seite der Straße, die außerhalb dieser Strömung lagen, und die kaum 30' entfernt sind, kaum einige Ziegel. Diese Zerstörung war innerhalb 5 Minuten vollbracht, so lange dauerte der heftige Windstoß. Zu allem Glück ist kein Menschenleben zu beklagen, es kam sogar nicht einmal eine Verletzung vor." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)



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