Bayern 03.01.1916 von
Thomas Sävert
Das auslösende Gewitter richtete nach verschiedenen Quellen auf seinem Weg von Nordwest nach Südost auf einer bis zu 85 Kilometer langen Spur gewaltige Schäden an. Allein in Steinfeld (bei Stadelhofen) und in umliegenden Dörfern sollen nach einer Quelle hunderte Häuser zerstört worden sein. Die Schadensspur betraf nach einem Bericht aus der Oberfränkischen Heimat, 13.Jg (1936) zahlreiche Orte: "Von Ermershausen im Nordosten des Kreises Unterfranken herkommend, berührte sie Lahm im Itzgrund, ging dann weder durch Höhenzüge und Gebirgskämme, noch durch Einschnitte und tiefe Taleinsenkungen aufgehalten oder irgendwie abgelenkt in gerader Linie über die Orte Roschlaub, Pausdorf, Steinfeld, Treunitz, Wiesentfels, Treppendorf, Mengersdorf, Gollenbach, Altenhimmel bis in die Oberpfalz." Ob es sich tatsächlich um nur einen Tornado handelte, ist fraglich, zusätzlich können auch heftige Gewitterböen aufgetreten sein. Die Stärke des Tornados liegt mindestens im F3-Bereich (mehr als 255 km/h), könnte aber in einzelnen Abschnitten auch noch höher liegen. Darauf deuten die vielen zerstörten Häuser hin, aber auch Kleinigkeiten wie diese in einer Meldung der Oberfränkischen Heimat, 13.Jg (1936): "Ungeheuere Zerstörung wurden durch den Zyklon angerichtet. Am ärgsten gelitten haben die Dörfer Mengersreuth, Wiesentfels, und Gollenbach. Im prächtigen Glashüttener Forst wurden 25.000 Festmeter im Wert von einer viertel Mio. Mark vernichtet. Dem Auge bot sich ein Anblick, als ob eine Dampfwalze die Bäume wie Getreide oder Grashalme umgelegt und zu Boden gedrückt hätte. Es dauerte Monate bis die geknickten, gesplitterten, von denen manche entwurzelt, abgedreht, manche glatt wie eine Säge waren, aufgeräumt wurden." - "Glatt wie eine Säge" könnte auf Entrindung durch den Sandstrahleffekt hinweisen, der erst ab F4 (ab ca. 335 km/h) auftritt.

Dazu aus einer Meldung der Coburger Zeitung vom 06.01.1916: "Bayreuth, 4.Jan. Das Wintergewitter, welches sich auch über hiesiger Gegend gestern nachmittag entlud, hat den jetzt einlaufenden Meldungen zufolge großen Schaden angerichtet. Es war von einer Windhose begleitet, die sich gegen 4 1/2 Uhr von Norden nach Süden bewegte und im benachbarten Mengersdorf 5 Häuser mit Scheunen total zerstörte. Eine ganze Anzahl Häuser und Scheunen wurden schwer beschädigt. Bei Hörlasreuth wurden mehrere Ställe umgerissen, in den Wäldern liegen Hunderte von Klaftern Holz, die das Unwetter abgerissen hat. Das Unwetter war eins der schwersten seit langer Zeit.
Bamberg, 4.Jan. Wintergewitter - Windhose. Gestern nachmittag wurden die Ortschaften Steinfeld, Treppendorf und Wiesentfels bei einem Gewitter durch eine Windhose furchtbar heimgesucht. In Steinfeld wurden 50 Häuser abgedeckt und zum großen Teil schwer beschädigt. Ein Dekonom erlitt schwere Verletzungen. In Treppendorf, ein Juradorf mit 200 Einwohnern, steht nur noch ein Haus, das wenig Schäden erlitten hat; die übrigen Häuser sind teils demoliert, teils schwer beschädigt. Der Dekonom Taschner wurde unter den Trümmern seines Anwesens begraben und tödlich verletzt. Auch in Wiesentfels hat der Orkan kolossalen Schaden angerichtet. Von dem Schloß des Grafen Bleck wurde das massive Dach vollständig abgedeckt und das Schloß schwer beschädigt. Ein Wirtschaftsanwesen wurde demoliert und von vielen Häusern die Dächer abgedeckt. Viele Bewohner wurden obdachlos. Die Telephonleitungen sind unterbrochen. In den Waldungen hat die Windhose auf eine Strecke von 18 km. im Umkreis furchtbaren Schaden angerichtet. Tausende von Bäumen wurden entwurzelt und wie Zündhölzer geknickt. Der Schaden ist ungeheuer. Die Dauer der Windhose war 1 1/2 Minuten."

Weiter aus einer Meldung der Freiburger Zeitung vom 06.01.1916: "Die Windsbraut. Aus Bamberg wird den Münch. N. N. (Anm.: Münchener Neuesten Nachrichten) über die verheerende Windhose im Gebiet des Fränkischen Jura noch berichtet: In Steinfeld war eben die Schule aus, als der Sturm einsetzte; etwa 200 Kinder flüchteten wieder in das Schulgebäude und wurden so vor sicherem Schaden bewahrt. Eine große Anzahl Häuser wurde schwer beschädigt, der 55jährige Dekonom Georg Raab von einer einstürzenden Scheune schwer verletzt; große Vorräte von Heu und Stroh wirbelten in der Luft herum. Der Schaden wird auf mehr als 100 000 M. geschätzt. Die Ortschaft Treppendorf wurde fast vollständig verwüstet. Schweren Schaden erlitt auch das herrlich gelegene Gebirgsdörfchen Wiesentfels, herrschaftlicher Sitz des Grafen Bleck; viele Bewohner können nicht heizen, weil die Kamine ihrer Anwesen zerstört wurden. Furchtbaren schaden richtete der Wind auch in einerStaatswaldabteilung an. Der Gesamtschaden kann noch nicht festgestellt werden, ist aber ungeheuer.
Auch in anderen Orten des bayerischen Nordostgaues hat das Unwetter verheerend gehaust. So wurden in Mengersdorf bei Bayreuth fünf Häuser völlig zerstört und eine große Anzahl Häuser schwer beschädigt. Bei Hörlasreuth wurden mehrere Ställe umgerissen, in den Wäldern liegen Hunderte von Klaftern Holz, die der Sturm abgerissen hat. In Weiherhammer (Anm.: ca. 42 km südöstlich von Hörlasreuth) riß das Unwetter an der Westseite des Bahnhofgebäudes das halbe mit Schiefer gedeckte Hausdach ab und schleuderte es über das Gebäude auf die Schienengeleise. Eine dort stehende Lokomotive eines Güterzuges wurde getroffen und sämtliche Fenster der Lokomotive und deren Laternen zertrümmert. Die Karriolpost von Mantel (Anm.: Ort im Landkreis Neustadt a.d.Waldnaab) traf nicht ein, denn der Orkan riß den Postwagen auf der Landstraße um." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus einer Meldung des Malchower Tageblatts vom 06.01.1916: "Eine Windhose in Nordbayern. Eine Windhose hat in Nordbayern schweren Schaden angerichtet. Wie aus Bamberg gemeldet wird, wurden besonders die Ortschaften Steinfeld, Breittendorf und Wiesenfeld furchtbar heimgesucht. In Steinfeld wurden 50 Häuser abgedeckt, ein Ökonom erlitt schwere Verletzungen. In Breittendorf steht nur noch ein Haus, die übrigen Häuser wurden zerstört, ein Ökonom würde getötet. Von dem dem Grafen Giech gehörigen Schloß wurde das massive Dach völlig weggerissen und das Schloß selbst schwer beschädigt. Von vielen Häusern wurden die Dächer abgedeckt, wodurch zahlreiche Bewohner obdachlos wurden. Die Telegraphenleitungen sind unterbrochen. In den Wäldern hat die Windhose ebenfalls ungeheueren Schäden angerichtet. Tausende von Bäumen wurden entwurzelt. Die Dauer der Windhose betrug nur 1 1/2 Minuten."



zur Tornadoliste von Thomas Sävert

zur Homepage von Thomas Sävert