Münster 15.09.1937 von
Thomas Sävert
Genaues Datum nicht bekannt. Starke Windhose in den nordwestlichen Vororten der Stadt Münster (Quelle: Dr. R. Keie, Preußisches Meteorologisches Institut, Berlin, Februar 1934. Korrespondenz an Prof. Letzmann. Recherchiert von Nikolai Dotzek im Nachlass von J. Letzmann, Carl Schirren Gesellschaft, Lüneburg)

Dazu aus einer Meldung der Rheinisch-Westfälischen Zeitung (Essen) in der Morgen-Ausgabe vom 18.09.1937: "Die Windhose über Münster
Beobachtungen eines Augenzeugen - Vor einigen Tagen entwickelte sich über den nordwestlichen Vororten der Stadt Münster in Westfalen eine schwere Windhose, die glücklicherweise ihren Weg über wenig bebautes Gelände nahm, um nach einiger Zeit wie auf einen Zauberwink zu verschwinden. Ebenfalls vor einigen Tagen beobachteten Badegäste von der Insel Rügen aus den gespenstischen Schlauch einer Wasserhose üner der Ostsee.
Der Verfasser dieser Seiten hatte das Glück - was sich auf ein Haar auch in eine Katastrophe verwandeln konnte - die Bildung der Windhose von Münster aus zu beobachten. Es war nach dem äußeren Verhältnis des Wetters an jenem Nachmittag auch nicht der geringste Anhaltspunkt für ein so abnormes Naturereignis gegeben, daswenige Sekunden später aufbrüllte. Es schien die Sonne, am Südosthorizont stand ein Regenschauer, die Luftbewegung war ruhig. Knapp 20 Meter von dem Zuschauer stieg da plötzlich kerzengerade mit ohrenbetäubendem Sausen und in etwa 10 Meter Durchmesser eine Luftsäule von Acker- und Gartenboden auf, die lediglich durch die Erd- und Pflanzenmassen sichtbar wurde, die in ihr mit wahnsinniger Schnelligkeit emporwirbelten. In kaum einer Minute hatte diese Luftsäule, vor der einige Kinder in der Nähe laut schreiend fortliefen, die Wolkenhöhe erreicht, so daß sie wie ein Riesenschlauch in leichten Windungen vom Boden zum Himmel ragte. Man hatte das Gefühl, sich in diese Luftsäule nur hineinstellen zu brauchen, um jäh der Erde entrückt zu werden.
Da das Luftungeheuer, abgesehen von der Stelle seiner Wirksamkeit, in der Umgebung gar keine Folgen zeigte - der Beschauer, jetzt 60 Meter entfernt, spürte nur einen allerdings stark saugenden Zug nach der Säule zu – war es möglich, dem Gebilde, das sich mit etwa 200 Meter Geschwindigkeit in der Minute weiter bewegte, zu folgen. Es war ein phantastischer Anblick diese schwarze züngelnde Riesenschlange mitten im Sonnenglanz, der aber im Wolkenrand verschwand. Ganze Wiesenplaken wurden aus dem Boden gerissen, Gras, Gemüse, Bohnenstangen verschwanden blitzschnell in dem saugenden Trichter und fielen im Umkreise von [...] 100 Metern schließlich wieder zu Boden.
Katastrophenartig wurde die Wirkung der Luftsäule, als sie sich einem Bauernhaus näherte. Wie auf einem geheimen Wink hin aber machte vor dem Bauernhaus der untere Teil der Säule eine Schwenkung nach links, so daß nur das Dach von den letzten sausenden Luftmassen abgerissen wurde. Dafür kam eine in der Nähe befindliche [...] eines Sportplatzes mitten in den Trichter und war in Sekundenschnelle unter heftigem Lärm in eine Trümmerstätte verwandelt. Nach weiteren 500 Metern, wobei immer das gleiche Bild der schwarzen wirbelnden Luftsäule blieb, fiel plötzlich das ganze Riesengebilde in sich zusammen und es dauerte noch über eine Minute, ehe aus den schwindelnden Höhen alles wieder herab gefallen war, was auf dem letzten Wegabschnitt in die Höhe gerissen wurde. Nach diesem Zusammenbruch war auch nicht eine Spur des grausigen Gebildes in der Luft zu finden – nur der völlig verwüstete Weg von der Landstraße über die Gärten zum Sportplatz mit einem Durchmesser von 20 [...] Metern blieb als Zeuge zurück.
Vielleicht ist selten eine Windhose aus so unmittelbarer Nähe beobachtet worden wie diese Windhose über den Stadtrand Münsters."



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