Anke Gernhardt erlebte als Kind ein schlimmes Unwetter in Eisenach

Am Abend des 14.Juni 1980 kündigte sich nach einem sehr heißen Tag ein Unwetter im Raum Eisenach (damals DDR - Bezirk Erfurt; heute Thüringen) an. Wir wohnten in Eisenach in einer Plattenbausiedlung, welche auf einem Berg im Ostteil der Stadt errichtet wurde. Das Haus, in dem wir wohnten, hatte freie Westseite, so daß wir bei Stürmen fast immer die volle "Breitseite" bekamen, da die Winde meistens von Westen wehten (kam uns zumindest so vor). Die Folge war, daß unsere Fenster sehr schnell klapprig und undicht wurden. Ersatz gab es nicht, so daß wir bei Unwettern und stärkerem Regen immer Handtücher an die Fenster drückten, damit das Wasser wenigstens nicht die Wände herunter lief.

In besagter Nacht fing es sehr stark an zu regnen, zu hageln und zu stürmen. Der Wind drückte sehr heftig gegen die Fenster. Außerdem blitzte und donnerte es wie verrückt. Die Donner folgten unmittelbar auf die Blitze. Es war also sehr nahe bzw. direkt über Eisenach. Zunächst versuchten meine Schwester und ich im Kinderzimmer (Ich war damals 10 Jahre alt; meine Schwester 15.) noch die Handtücher an den Fensterrahmen zu pressen, was wir aber wegen des extremen Windes dann aufgaben und uns zunächst unter die Bettdecken verkrochen. Die Fenster knackten und knirschten gewaltig, so daß wir es immer mehr mit der Angst zu tun bekamen. Irgendwann nach Mitternacht flüchteten wir in den Wohnungsflur. Interessanterweise zeitgleich mit unseren Eltern, die es in ihrem Schlafzimmer auch nicht mehr aushielten. Wir warteten zusammengekauert das Unwetter, das mehrere Stunden dauerte, ab, bei jedem Windstoß ängstlich auf die Türen starrend. Werden die Fenster brechen? Wenn ja, werden die Türen standhalten? (Der Wind war wirklich sehr heftig. Ich habe so etwas noch nie zuvor und bisher auch danach noch nicht wieder erlebt.)

Nach dem Unwetter fanden meine Eltern Beschädigungen (Absplitterungen) durch Hagel im Glas der Fenster.

Die Informationen danach waren, DDR-typisch, sehr vage. Es gab zwar mehrere


                                  Zeitungsartikel in den regionalen Tageszeitungen


am darauffolgenden Montag (16.06.1980), die das Ausmaß des Unwetters und die verursachten Schäden beschrieben. Auf das erwähnte Wetterphänomen des Wirbelsturmes am Altenberger See wurde dabei allerdings nicht sehr ausführlich eingegangen. Es gab keinerlei Aufklärung, wie dieser Sturm entstanden sein könnte und wie man sich in einem solchen Fall eventuell schützen kann.

Dafür kochte die Gerüchteküche: Es sollen mehrere Gewitter gewesen sein, die sich, weil Eisenach so schön in einer Senke liegt, dort getroffen und buchstäblich gegenseitig festgehalten haben. Außerdem war die Rede von einer Windhose (heute weiß ich, daß Windhose=Tornado=Wirbelsturm ist) am "Altenberger See" bei Wilhelmsthal, bei der einige Camper durch umstürzende Bäume erschlagen wurden. Hier haben sich wohl die Zeitungsberichte, von denen ich damals nichts mitbekommen habe, mit den Gerüchten vermischt.

Der Tornado am Altenberger See kostete 6 Menschen das Leben. Neun weitere wurden schwer verletzt. Der Waldrand wurde an dieser Stelle buchstäblich weggebrochen. Die betroffene Fläche wurde nicht wieder aufgeforstet, sondern als Bauland für ein paar Häuser genutzt.

Bericht eingesandt von Anke Gernhardt, Eisenach, im August 2004.                  Anke's Homepage