Trier 25.06.1829 von
Thomas Sävert
Ein mit einem Staubfuß wie ein leuchtender Meteor verbundener Tornado zog zwischen 14 Uhr und 14:30 Uhr in der Nähe von Trier über das Land. Ein Arbeiter wurde von einem Kalkofen heruntergeworfen, ein weiterer geriet in den Wirbel hinein, überlebte ihn aber (Quellen: A. Wegener: Wind- und Wasserhosen in Europa, 1917 und Eléments de physique expérimentale et de météorologie Pouillet. Paris, Hachette, 1853 sowie Observations et recherches expérimentales sur les causes qui concourent à la formation des trombes par A. Peltier, Paris, H. Cousin, 1840, pp. 45-47 - recherchiert von François Paul).

"Am 25. Iuni 1829 nahm eine Lufttrombe in der Gegend von Trier ihren Weg durch einen Fluß, die Mosel. Das Wasser richtete sich in einer hohen Säule auf, welche zum Theil leuchtend erschien. Die Einzelheiten dieses Phänomens werden mit Genauigkeit berichtet in einem von dem verdienstvollen Meteorologen Großmann an den Professor Nöggerath gerichteten Schreiben, welches wir unverkürzt hier folgen lassen:

Trier, den 30. Juni 1829.
"Nach einer mehrere Wochen hier anhaltend gewesenen Trockenheit erfreute uns endlich am 16. Iuni, bei Südwestwind, ein erquickender Regen, der auch am 17. und 18. abwechselnd noch fortdauerte. Vom 20. bis 24. war, bei fast beständigem Nordostwinde, das Thermometer wieder auf 19 bis 25 Grad (Réaumur) gestiegen; und obgleich am Abende des 24., und zwar bei dem ziemlich hohen Barometerstande von 27" 9,1''', ein sanfter Gewitterregen die Atmosphäre stark abgekühlt hatte, so war selbige doch am 25., sowohl nach als vor einem Vormittags gegen 11 Uhr eingetretenen Regen, wieder sehr heiß, und der Erdboden so zu sagen fast glühend geworden; das Barometer war auf 27" 7,8''' gesunken.
„Gegen 2 Uhr Nachmittags stellte sich, eine Stunde unterhalb Trier, gegen Ostnordosten von Ruwer und Pfalzel — ungefähr 20° über dem Horizont — eine Naturerscheinung ein, die viele Menschen jener Gegend, welche zu dieser Zeit im Freien beschäftigt waren, mit Erstaunen erfüllte, und ungefähr eine halbe Stunde lang in ängstlich gespannter Erwartung erhalten hat.
„Der Himmel war nach dem früher stattgehabten Regen noch bedeckt, als sich plötzlich mitten in einer schwarzdunkeln Wolke, die von Ostnordosten herüberzog, eine runde, lichte Masse in Bewegung setzte, und gewaltig durcheinanderging. Sie nahm bald nach oben die Gestalt eines Schornsteins an, aus dem ein graulich weißer, abwechselnd ziemlich feuriger Dampf durch mehrere Oeffnungen mit solcher Kraft in die Höhe stieg, als würde er (so drückten sich mehrere Zuschauer aus) durch viele Blasebälge mit der größten Anstrengung herausgepreßt.
„Das Meteor war inzwischen über die Weinberge hinter die Disburg und gegen Ruwer gekommen, als in einiger Entfernung südlich von demselben, am rechten Ufer der Mosel, dicht an der Erde, ein, wie es mehreren schien, neues Meteor auf eine schreckbare Art bemerkbar wurde. Dieses warf die um einen Baum am Barrièrehause aufgestellten Steinkohlenmassen auseinander, und einen Arbeiter von dem daneben befindlichen Kalkofen herunter, und zog unter einem furchtbaren Gerassel, als wenn viele Steine durcheinander geworfen würden, durch die Mosel, wobei das Wasser thurmhoch in die Höhe spritzte. Ein etwas oberhalb dieser Stelle rudernder Schiffer glaubte seinen jüngsten Tag hier zu erleben.
„Mit demselben rasselnden Getöse*) setzte dieses Meteor seinen Weg von der Mosel durch die Pfalzeler Flur über die Erde fort, und ließ von seinem zickzackförmigen Zuge deutliche Spuren an den Frucht- und Gemüsefeldern zurück. Hochstängelige Gemüse, Getreidehalme u. s. w. wurden theils niedergedrückt, theils geknickt, umgebrochen, und viele derselben weit in die Höhe fortgerissen.
„Mehrere Weiber, an denen das Meteor vorbeistreifte, fielen ohnmächtig hin; andere, die in einiger Entfernung waren, versteckten sich oder liefen angstvoll davon, und schrieen zu Hause: die ganze Flur stehe in Brand! Zwei Arbeiter, die auf einen Baum gestiegen waren, hatten das Meteor auf seinem ganzen Zuge beobachtet; ein anderer hatte sogar den Muth, demselben zu folgen (und das konnte man in fast gewöhnlichem Schritte), befand sich aber bei dessen zickzackförmigen Bewegungen mitten in demselben, wo er spürte, daß es ihn bald mit sich fortziehen, bald gewaltsam in die Höhe heben wollte. Er bückte sich etwas zur Erde, sich auf ein Werkzeug stützend, wurde aber rückwärts zu Boden geworfen, und somit hatte es ihn verlassen und war weiter gezogen.
„Er erinnert sich gar keines besonderen Eindruckes, den es auf seinen Geruch oder Geschmack gemacht hätte, und bemerkte nur das betäubende Gerassel; aber er behauptet, zwei Strömungen in demselben verspürt zu haben, wovon die eine schief nach oben gegangen sei, und Kornhalme mit Aehren und andere leichte Körper mitgenommen, die andere aber die entgegengesetzte Richtung gehabt habe.
„Die Bahn, die das Meteor über die Flur genommen, beträgt nach den verschiedenen Aussagen 10 bis 18 Schritte in der Breite, und gegen 2500 in der Länge. Seine Gestalt war ziemlich kegelförmig, seine Farbe bald graulich weiß, gelblich, bald dunkelbraun und mehrmals feurig. Das erste Meteor stand über diesem in der Höhe, und war inzwischen fast parallel mit dem unteren gegen Norden fortgerückt, hatte während ungefähr 18 Minuten eine große Masse graulich weißen und oft feurigen Dampfes ausgeströmt, der hierauf die Gestalt einer Schlange von 140 Schritten (aus einer Entfernung von beiläufig einer halben Stunde gesehen) annahm, deren Kopf nach Nordnordosten und deren Schweif nach Südsüdwesten gerichtet war.
„In Zeit von 8 bis 10 Minuten hatte sich der Schweif dieser Gestalt nach unten herumgewunden; und im Augenblicke, als dieser den Kopf derselben berührte, war das ganze obere Schauspiel zu Ende und mit diesem zugleich das untere, ohne daß weder aus der Höhe, noch, wie ein daneben gestandener Beobachter versichert, vom letzteren eine Erplosion wahrgenommen worden wäre. Aber nun verbreitete sich fast über die ganze Flur ein sehr stinkender schwefelartiger Geruch. Gleich darauf entlud sich über dem nordnordwestlich davon gelegenen Walde ein Gewitter mit außerordentlich dicken Hagelkörnern.
„Die Sonne soll, wie die meisten Zuschauer versichern, um diese Zeit gar nicht geschienen haben. Auch war es übrigens ganz windstill.
„Von Gutweiler, Cassel u.a.O., sowie auch von Trier aus, war das Mettor in der oberen Region ebenfalls bemerkt worden. Es scheint vom Hochwalde herabgekommen zu sein.
" (Quelle: Wigand: François Arago's sämmtliche Werke. Leipzig 1860)



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