Zehdenick 01.08.1877 von
Thomas Sävert
Umgebungskarte
(Auszug aus Top200, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie)
Zu diesem Ereignis in Zehdenick (an der Havel im Landkreis OHV, 55 km nördlich von Berlin) gibt es zahlreiche Berichte, die auf gewaltige Schäden schließen lassen. Wegen der Schwere und Art der Schäden innerhalb eines relativ eng begrenzten Gebietes ist von mindestens einem Tornado zumindest als Mitverursacher auszugehen. Allein in Zehdenick kamen 4 Menschen ums Leben, weitere 8 wurden zum Teil schwer verletzt.

In Klein-Mutz, etwa 3 Kilometer südwestlich von Zehdenick, erinnert an der Kirche ein Schild an die Katastrophe bzw. den Wiederaufbau: "Zur Erinnerung an die Wiederherstellung der am 1ten August 1877 durch einen Orkan schwer beschädigten Kirche und Thurmspitze. Die Gemeinde von Klein Mutz, d. 24. Februar 1880"
Zehdenick 1
Bildquelle: Heiko Wichmann
Aus einer Meldung der Berliner Gerichts-Zeitung vom 04.08.1877: "Zehdenick, 2. August: Gestern Nachmittag bald nach 1 Uhr wurde die Stadt Zehdenick und Umgegend von einem furchtbaren Orkan heimgesucht, der in südwestlicher Richtung daher gebraust kam. Die Verwüstung, welche durch denselben in der Zeit einer halben Stunde angerichtet wurde, spottet aller Beschreibung. Zehdenick und die in diesem Striche liegenden Dörfer gleichen einem großen Schutthaufen, aus dem noch fortwährend verschüttete, um Hilfe jammernde Menschen mit Aufbietung aller Kräfte hervorgezogen werden. Mehrere Menschenleben sind zu beklagen, überall herrscht großer Jammer, der auch so bald nicht enden wird, da die meisten Menschen ohne Obdach sind. Am größten jedoch ist die Verwüstung in den Scheunen und in der Amtsschäferei. In einer der Scheunen wurde bei dem Einstuz derselben ein Vater mit seinen Kindern, ein Arbeiter so wie zwei Pferde und ein Hund lebendig unter den Trümmern begraben; der Arbeiter, die Pferde und der Hund wurden erschlagen, die Uebrigen durch Hilfe bringende Hände noch rechtzeitig vom Erstickungstode gerettet. Die sämmtlichen Windmühlen Zahdenicks und der Umgegend sind umgeworfen und zertrümmert worden. Eine dieser Mühlen, waren die beiden Gesellen mit anerkennenswerther Aufopferung bis zum letzten Augenblick bemüht, in ihren Schutz zu stellen. Als aber die in der Nähe stehenden Mühlen mit furchtbarem Krach niedergestreckt wurden, eilten sie hinunter und stellten sich unter die Mühle, den Ständer umklammernd; da krachte es über ihnen, der Eine floh unglücklicher Weise in der Richtung, nach welcher die Mühle geworfen wurde und ward von dieser erschlagen, dem Andern wurde zwar der Ständer aus dem Armen gerissen, er blieb aber sonst unbeschädigt. Von den meisten Häusern sind die Dächer abgerissen und durch den dann herabstürzenden starken Regenguß die Dächer durchweicht und zerstört, so daß das Wasser in den Häusern eine Zeit lang mit dem auf der Straße in gleicher Höhe stand; einige Häuser sind ganz eingestürzt. Wie die Verwüstung an den gebäuden, so ist dieselbe nicht mjinder groß in den Gärten, wo fast sämmtliche Bäume entwurzelt sind. Eben so ist die Ernte vernichtet. Der Schaden ist so groß, daß die Ortschaften aus eigenen Mitteln denselben nicht werden ersetzen können, und schnelle Hilfe hier dringend nothwendig ist (Voss-Ztg.)" (Quelle: Staatsbibliothek zu Berlin, Stiftung Preussischer Kulturbesitz) - Anmerkung: Voss.Ztg. = Vossische Zeitung in Berlin.


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