Schierke 17.06.1904 von
Thomas Sävert
Umgebungskarte
(Auszug aus Top200, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie)
Aus einer Meldung der Coburger Zeitung vom 21.06.1904: "Goslar, 18. Juni. Im ganzen Oberharz gingen gestern abend unter schweren Gewittern gewaltige Hagelmassen nieder. Die Hagelstücke erreichten beim Forsthause die Größe eines Hühnereies und hatten ein Gewicht von 40 Gramm. In den Wäldern ist großer Schaden angerichtet. Zahllose Fensterscheiben sind zertrümmert. In der Gegend von Schirke wurden durch das Unwetter 400 Morgen Wald vernichtet. Die Brocken-Chauseen sind unpassierbar." Weiter aus einer Meldung der Coburger Zeitung vom 23.06.1904: "Ueber das Unwetter, das Freitag Abend gegen 8 Uhr Schierke im Harz heimsuchte, wird uns von einem Freund unseres Blattes, der es miterlebt hat, noch geschrieben:
"Schwüle drückende Hitze, schwere Gewitterwolken und fernes Donnergrollen kündigten schon am Nachmittag das Herannahen eines Unwetters an. Gegen 8 Uhr verfinsterte sich der Himmel, nur zeitweise sekundenlang von mächtigen Blitzen erhellt. Plötzlich setzte ein orkanartiger Wirbelsturm ein, der einige hundert Morgen Tannenwald, zum Theil über 100jährigen Bestand, in wenigen Sekunden umlegte. Alte Eichen beugten unter der Gewalt des Sturmes ihre Kronen bis zur Erde, Aeste von Baumstärke wirbelten durch die Luft; gleichzeitig gingen Eisstücke von Hühnereigröße und darüber hernieder und durchschlugen die in der Windrichtung gelegenen Fenster. Die Glasveranden an der Wetterseite der Häuser boten den Anblick, als ob Breitseiten gegen sie abgefeuert worden wären; die Scheiben zeigten vielgestaltige rundliche Löcher verschiedener Größe ohne wesentliche Splitterung, ein Zeichen, mit welcher furchtbaren Gewalt die Eisstücke dagegen geschleudert worden waren. Das größte Eisstück wog 70 Gramm. Der Küchenschornstein eines großen Gasthofes wurde zertrümmert und drückte durch den Fall die Decke des Speisesaales ein, in dem die Gäste zum Abendessen versammelt waren, glücklicherweise ohne Jemand zu verletzen. Das in Oberschierke gelegene Forsthaus wurde größtenteils abgedeckt, ein vor demselben befindliches festgezimmertes Sommerhäuschen wie ein Kartenhaus umgeblasen. Die Fahrstraße nach dem Brocken ist gesperrt; ihre Freilegung wird 14tägige Arbeit erfordern. Ein mehrere hundert Meter breiter Streifen Waldes ist, soweit man vom Westausgang von Oberschierke aus das Bodetal hinauf sehen kann, vernichtet. Zwei zwischen den niederstürzenden Bäumen auf der Straße haltende Wagen, deren Insassen und Pferde blieben, wie durch ein Wunder, unversehrt. Die Menschen wurden noch in der Nacht befreit, die Pferde erst am nächsten Morgen. Einige Stück Vieh, die sich in einem von dem Wirbelsturm umgeworfenen Schuppen befanden, wurden verletzt und mußten notgeschlachtet werden."" Nach einer weiteren Meldung soll in dem betroffenen Waldstück lediglich eine Tafel mit der Aufschrift "Das Rauchen im Walde ist verboten" stehen geblieben sein.

Oberharz 1
Oberharz 1a
Bildquelle: Sammlung M. Deutsch (Leipzig/ Erfurt)


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