Pfohren 19.07.1926 von
Thomas Sävert
Umgebungskarte
(Auszug aus Top200, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie)
Aus einer Meldung der Freiburger Zeitung vom 21.07.1926: "Wirbelsturmkatastrophe auf der Baar. Karlsruhe, 20. Juli. Amtlich wird mitgeteilt: Die Reichsbahndirektion Karlsruhe teilt mit: Am Montagabend 9 Uhr ging in der Gegend von Pfohren ein von heftigen Stürmen begleitetes Unwetter nieder. Sämtliche Telegraphen- und Fernsprechleitungen zwischen Donaueschingen und Pfohren wurden zerstört. Die Leitungsmaste fielen auf die Gleise. Im Bahnhof Pfohren stürzte die Güterhalle ein und das Dach des Stellwerks wurde abgedeckt. Der nach Konstanz fahrende Schnellzug 158 erlitt eine Verspätung von mehr als drei Stunden, der nach Villingen fahrende Personenzug 1445 eine Stunde Verspätung. Personen wurden nicht verletzt. Der Sachschaden ist nicht unbedeutend." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus einer weiteren Meldung der Freiburger Zeitung vom 21.07.1926: "Donaueschingen, 20. Juli (WTB.) Das gestern abend gegen 10 Uhr über der Baar niedergegangene schwere Unwetter stellt sich als eine Wirbelsturmkatastrophe heraus. Der Kohlwald bei Hausenvorwald ist in einer Länge von 2 Klm. und in einer Breite von 500 Meter niedergewalzt. 10 000 Festmeter Holz dürften hier verloren sein. Auch die Wälder anderer Gemeinden sind aufs schwerste mitgenommen worden. In den Gemeinden Mundelfingen und Pfohren ist fast kein Haus unbeschädigt geblieben. Vielfach sind die Giebel eingestürzt und Dachstühle abgetragen worden. In Pfohren wurden 5 Scheunen zum Einsturz gebracht. Unter den schwer betroffenen Gemeinden befinden sich auch die Orte Oberbaldingen und Behla. Der Verkehr auf den Landstraßen ist teilweise fast vollkommen unterbrochen, da der Wirbelsturm viele Bäume über die Straßen geworfen hat. Mehrere hundert Telegraphenmasten sind umgeworfen worden. Der Hagel, von dem das nur kurze Zeit währende Unwetter begleitet war, lag stellenweise auf den Feldern 40 Zentimeter hoch. Die Feldfrucht dürfte auf diesem Teile der in einer Höhe von etwa 800 Meter gelegenen Baar vollkommen verloren sein.
Zu dem schweren Unwetter werden folgende Einzelheiten berichtet: Der Sturm hat besonders in den Wäldern großen Schaden angerichtet. Verbunden war das Wetter mit Hagelschlag, der besonders den Feldern schweren Schaden zufügte. Binnen fünf Minuten war durch den Hagel, der z.B. in Behla 40 Zentimeter hoch lag, die ganze Frucht vernichtet. Der Kohlwald bei Hausen vor Wald ist in einer Länge von 2 Klm. und einer Breite von 500 Meter derart zugerichtet, daß man glauben könnte, es sei ein Artilleriefeuer über ihn hinweggegangen. An Orten haben besonders Mundelfingen, Pfohren und Oberbaldingen schwer gelitten. Dort ist der Gebäudeschaden besonders groß. Einige Giebel sind eingerissen, an einem Anwesen der ganze Dachstuhl an der Rückwand des Hauses abgetragen, das Haus auf der Rückseite aufgerissen. Das untergebrachte Heu ist völlig durchnäßt. In Oberbaldingen wurde besonders das Haus des Bürgermeisters schwer mitgenommen; der ganze Dachstuhl des Hauses ist abgetragen. In Pfohren wurden im Stationsamt die Fensterscheiben eingedrückt; die daneben liegende Güterhalle von der Erde hinweggeweht, ein Neubau völlig eingerissen, ebenfalls ein Bahnwärterhaus. Fünf Scheunen wurden ein Opfer des furchtbaren Wirbelsturmes. In Pfohren selbst ist fast kein Haus unbeschädigt. Auf den Landstraßen sind viele Bäume umgestürzt oder geknickt. Man ist dabei, die Hindernisse zu beseitigen. Auf der Strecke Donaueschingen - Geisingen wurden die Telegraphenstangen arg mitgenommen. Auf der Strecke Donaueschingen - Pfohren sind etwa 200 Telegraphenmasten umgestürzt. Telegraphenbautrupps sind unterwegs, um die Linien wiederherzustellen. Außer dem Kohlwald sind auch die Wälder bei Behla und Pfohren verwüstet worden. Der der Forstwirtschaft entstandene Schaden im Kohlwald wird auf über 10 000 Festmeter geschätzt. Ueber den Gesamtschaden kann man sich noch kein Bild machen." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus einer weiteren Meldung der Freiburger Zeitung vom 22.07.1926: "Der Unwetterschaden in Baden
Donaueschingen, 21 Juli. Nach einer im Auftrage des Bezirksamtes vorgenommenen Schätzung beläuft sich der gesamte Gebäudeschaden, der durch das Unwetter angerichtet worden ist, auf 280 - 300 000 M., darunter allein 100 000 M. in Oberbaldingen. Der Größte Waldschaden ist in Hausen vor Wald und in Mundelfingen entstanden. Beide Gemeinden haben einen Waldschaden von 100 000 M. erlitten. Die Schätzung des Feldschadens ergab, daß stellenweise 100 Proz. der Feldfrüchte vernichtet worden sind. Der Umstand, daß kein Menschenleben dem Unwetter zum Opfer gefallen ist, wird darauf zurückgeführt, daß der kurze vor dem Sturm einsetzende Regen die Leute in die Häuser trieb, so daß sie von dem herabstürzenden Gebälk und den umherfliegenden Ziegeln nicht getroffen werden konnte. Auch der Schaden an den Obstbäumen und an dem eingebrachten Heu ist sehr groß, da manchen Landwirten, denen der Sturm das Dach hinweggefagt hatte, das eingebrachte Heu in alle Winde verjagt wurde.
Bonndorf, 21. Juli. Das Unwetter, das am Montag abend die Baar heimsuchte, hat auch in unserer Gegend schweren Schaden angerichtet. So wird auch aus Münchingen berichtet, daß viele Dächer abgedeckt, starke Bäume entwurzelt, Giebel eingedrückt und sonstige Beschädigungen an den Häusern angerichtet wurden. Der Leiterschuppen der Feuerwehr wurde niedergerissen. Bei Mundelfingen fiel ein Baum auf einen Radfahrer, der glücklicherweise ohne nennenswerten Schaden davon kam, während das Rad zerstört wurde. Das Donaueschinger Auto, das den Abendkurs ausführt, mußte in Hausen vor Wald übernachten. Auch Wangen soll durch das Unwetter schwer gelitten haben." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus einer weiteren Meldung der Freiburger Zeitung vom 23.07.1926: "Hilfsaktion für die vom Unwetter Geschädigten. Für die vom Unwetter schwer heimgesuchten Gemeinden hat die Bezirkssparkasse Donaueschingen den Betrag von 1000 M. zur Hilfeleistung zur Verfügung gestellt." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus einer weiteren Meldung der Freiburger Zeitung vom 23.07.1926: "Mundelfingen, 22. Juli. Zu dem Unwetter vom Montag abend wird weiter berichtet, daß auch das Kirchendach an der Wetterseite abgedeckt wurde. Das eingedrungene Wasser hat an der Kirchendecke großen Schaden verursacht." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus einer weiteren Meldung der Freiburger Zeitung vom 24.07.1926: "Donaueschingen, 23. Juli. Ueber den Schaden, den die einzelnen von dem Unwetter am Montag betroffenen Gemeinden erlitten haben, wird uns noch folgendes berichtet: Die Gemeinde Mundelfingen dürfte etwa 12 000 Festmeter Holz, die Gemeinde Hausen vor Wald etwa 8000 Festmeter verloren haben. In Mundelfingen sind von zahlreichen Häusern die Giebel eingedrückt, so daß voraussichtlich mit dem Abtragen begonnen werden musß. Etwa 400 Obstbäume sind dort dem Sturm zum Opfer gefallen. Die Zahl der beschädigten Häuser wird auf 90 geschätzt, der Gebäudeschaden auf 80-90 000 Mark. In Behla beziffert sich der Hagelschaden auf etwa 30 000 Mark. Nahezu 4000 Festmeter Holz hat die Gemeinde Behla verloren. Schwerer Schaden ist hier durch das Eindringen des Wassers in die Häuser entstanden, so daß die Landwirte jetzt gezwungen sind, das Futter wieder auf die Wiesen zu bringen, um es überhaupt verwenden zu können. Auf dem Wege von Hüfingen nach Pfohren liegen ein massiv gebauter Schafstall und eine Heuscheuer am Boden, die Balken sind zum Teil 16 Meter weit geschleudert worden und zwei Meter tief in den Erdboden eingedrungen. In Pfohren selbst beträgt der Gebäudeschaden etwa 100 000 Mark, der Hagelschaden etwa 250 000 Mark. In Oberbaldingen hat von den 135 beschädigten Häusern besonders das des Bürgermeisters gelitten. Die massiven Balken sind dort wie Streichhölzer geknickt." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus einer weiteren Meldung der Freiburger Zeitung vom 24.07.1926: "Von der württembergischen Grenze. Von dem schweren Unwetter am Montag abend ist auch Württemberg nicht verschont geblieben. Besonders Trossingen wurde heimgesucht. Der Gebäudeschaden wird dort auf eine halbe Million geschätzt. Annähernd 10 000 Festmeter Holz wurden umgeworfen. Fast 80 Prozent der Häuser in Trossingen sind beschädigt. Verschiedene Ortschaften im Oberamtsbezirk Rottenburg sind gleichfalls sehr empfindlich heimgesucht worden, so die Gemeinde Hemmendorf, auf deren Friedhof die Grabsteine umgeworfen sowie die Fruchtfelder verhagelt, die Hopfenanalgen schwer beschädigt und viele hunderte von Obstbäumen entwurzelt wurden. Ferner wurde die Umgebung von Ravensburg, besonders dort auch die Hopfenanlagen, hart betroffen." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg) - Anm.: Ob ein direkter Zusammenhang zur Schneise von Münchingen bis nach Oberbaldingen besteht, ist offen.

Aus einer weiteren Meldung der Freiburger Zeitung vom 27.07.1926: "Zu den Unwetterschäden.
Karlsruhe, 26. Juli. Amtlich wird mitgeteilt: Abnorme Witterungsverhältnisse haben in vielen Gegenden des badischen Landes schwere Unwetter- und Hochwasserschäden gebracht. Den Heimgesuchten wendet sich allgemeine Teilnahme im badischen Volke zu. Von einem besonders verheerenden Unwetter wurde der Amtsbezirk Donaueschingen betroffen. Am 19. d. M. richtete ein Wirbelsturm mit einer Breite von 3 bis 4 Kilometer und in einer Länge von etwa 25 Kilometer furchtbare Verwüstungen an Gebäuden, Waldungen und Feldern an. Viele Gemeinden des Bezirks sind in Mitleidenschaft gezogen. Zur Milderung dieses Unglücks ist bereits eine staatliche Unterstützungsaktion eingeleitet. Die so schwer betroffenen Gemeinden können überzeugt sein, daß staatlicherseits im Rahmen des Möglichen alles getan wird, um die Unwetterschäden zu lindern." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)

Aus einer weiteren Meldung der Freiburger Zeitung vom 27.07.1926: "Donaueschingen, 25. Juli. Die notwendigen Aufräumungsarbeiten sind in Mundelfingen, das von dem schweren Unwetter Anfang voriger Woche besonders heimgesucht wurde, nahezu durchgeführt. Die Gemeinde, die bisher als wohlhabend anzusehen war, hat namentlich durch den Schaden im Wald ihren Wohlstand eingebüßt. In Oesingen sind 4000 Festmeter Holz umgeschlagen worden. Auf der Gemarkung Hüfingen wird der Gebäudeschaden mit 20 000 Mark errechnet, der Hagelschaden auf etwa 40 000 Mark, der Holzschaden auf etwa 130 000 bis 200 000 Mark. Die Bäume sind zum Teil ganz ausgerissen, von anderen stehen nur noch große Stumpen.
Donaueschingen, 24. Juli. Wie soeben bekannt wird, wird der Schaden der durch das Unwetter Geschädigten durch staatliche Hilfsmaßnahmen, an denen sich voraussichtlich auch das Reich beteiligt, erleichtert. Die Hilfsmaßnehmen bestehen in steuerlichen Erleichterungen, in besonders schweren Fällen in geldlicher Unterstützung. Danebenher laufen die Entschädigungen durch die Reichsversicherungsanstalt. Die Badische Regierung hat eine Sammlung bei den Gemeinden, Sparkassen und sonstigen Kommunalverbänden zu Gunsten der Unwettergeschädigten genehmigt." (Quelle: Universitätsbibliothek Freiburg)



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